Nordlust

Seit Anfang der 1990er Jahres hat es Karin und mich gen Norden gezogen. Sowohl beruflich im Rahmen von Dekanatsjugendfreizeiten in Norddeutschland als auch privat - wunderschöne Urlaube der jungen vierköpfigen  Familie in dänischen Ferienhäusern.

Damals schon hat uns immer auch Schweden gereizt, jedoch konnten wir das nur in Form von Tages-Schiffstouren nach Göteborg, Varberg oder Halmstad realisieren. Mehr war nicht möglich, weil wir „auf den Hund gekommen“ waren und mehrmonatige Quarantänebestimmungen die Einreise verhinderten.

Das änderte sich mit Schwedens EU-Beitritt, und so verbrachten wir 1996 unsere ersten Ferien in Blekinge im Südosten des Landes.

Im Jahr 2000 haben wir uns den Traum eines eigenen Ferienhäuschens erfüllt (siehe Bild) - aus Kosten-gründen in sehr bescheidenem Umfang, sprich, ohne fließend Wasser im Haus und mit einer ca. 30m entfernten „Schwerkraft-Toilette“ - vulgo Plumps-Klo - ausgestattet.

Mit dem Erreichen des Rentenalters sind wir im Frühjahr 2014 ganz nach Schweden „ausgewandert“ - nein, haben wir das Recht der freien Wohnsitzwahl im Bereich der EU wahrgenommen. Daß es uns gerade nach Iglaholmen verschlagen hat, verdanken wir dem zufällig entdeckten Schildchen „Till salu - zu verkaufen“, das uns auf kilometerlangen verschlungenen Pfaden entlang Feldern, Wiesen und Wald (beinahe wären wir ungläubig umgekehrt) zum Haus Lyckorna führte. Und damit war es um uns geschehen.

Aber…

Man muß wissen, was man tut!

Der "hohe Norden" und speziell Schweden ist für viele ein Traum - aus der rosaroten Brille des Urlaubers. Ging uns genauso. Mit dem Unterschied, daß wir einen Erfahrungsschatz von ca. 20 Jahren angesammelt hatten und dank unseres Ferienhäuschens nicht nur die farbenfrohen Postkartenansichten erlebten, sondern auch endlos verregnete Matsch-Patsch-Tage, unter die Haut kriechende Schmuddelkälte und fahles Grau in Grau von frühmorgens bis spätabends.

Außerdem: wer - wie wir - ein Leben in (fast) vollkommener Stille und Einsamkeit wählt, weitab von Kultur und Shoppingmeilen, muß das auch für sich persönlich wie zusammen mit dem Partner „ertragen“ können! Denn hier ist nichts, aber auch gar nicht los!

Es sei denn…

  • man „atmet“ besagte alltägliche (!) Stille tief ein - das Rauschen des Windes, das Summen der Bienen, den Gesang der Vögel…

  • man kann sich nicht sattsehen an Rehen auf dem eigenen Grundstück, Kranichen und Gänsen auf den Wiesen gegenüber und - wenn auch weitaus seltener - einem majestätischen Elch am Wegesrand…

  • man hat sein Genüge daran, ständig nachwachsenden Rasen zu mähen, verwitterte Hauswände „schwedenrot“ zu streichen, turmhohe Haufen Winterholz einzulagern und zum verdienten Ausgleich 70 km für den heißersehnten Genuß einer deutschen Bratwurst zu fahren…

Sei`s drum - Karin und ich lieben das alles, und wir leben gern und dankbar hier oben im hohen Norden!